Gewässerschutz von unten
Noah Businger
30. Januar 2025
Abwässer, Chemikalien und Wasserkraft setzten den Schweizer Gewässern lange stark zu. Eine Gewässerschutzbewegung entwickelte sich erst ab den 1950er-Jahren. Wie erreichte sie ihre Ziele?
Erfahrungen Schweiz
Installation | accessibility.time_to
In den 1950er Jahren stieg der Strombedarf auch in der Schweiz massiv. Man begann in den Alpen im grossen Stil Staudämme zu bauen. Jahrhundertprojekte wie die Grande Dixence aber auch die Flutung des Dorfes Marmorera 1954 oder die Katastrophe von Mattmark von 1965 haben das Leben in den Alpen grundlegend verändert. Die Videoinstallation befasst sich mit der wirtschaftlichen Dynamik, erinnert an die politischen Auseinandersetzungen und thematisiert die logistischen Herausforderungen. Zeitzeuginnen und Zeitzeugen mit diversen Erfahrungen rund um die Wasserkraft in den Alpen berichten von der hohen Schule der Ingenieurskunst oder von den harten Arbeitsbedingungen auf den Baustellen. Sie schildern den Ausbau der Infrastrukturen, aber auch die Eingriffe in ihre Lebenswelten. Und sie erinnern sich an den Widerstand, der sich gegen Umsiedlungen und für den Umweltschutz formierte.
Zum Format
Nicht alle für die Schweiz prägende Entwicklungen der jüngeren Vergangenheit lassen sich mit Objekten darstellen. Im Format «Erfahrungen Schweiz» stehen Zeitzeuginnen und Zeitzeugen im Zentrum. Ihre Schicksale und Erfahrungen, oft nirgends niedergeschrieben oder archiviert, ermöglichen dem Museumspublikum einen facettenreichen und emotionalen Rückblick auf die Schweizer Zeitgeschichte. Das Thema wechselt jährlich. Das Format kommt ohne Exponate aus und besteht aus einer grossformatigen und immersiven Projektion mit Ton über Kopfhörer sowie einer Vertiefungsstation mit Informationen zu den neuesten Forschungsergebnissen und zum kulturhistorischen Kontext des jeweiligen Themas.
18:00 – 19:00 Uhr
Veranstaltung
18:00 – 19:00 Uhr
Veranstaltung
18:00 – 19:00 Uhr
Veranstaltung
Die Installation kann auf Anmeldung selbstständig mit der Schulklasse besucht werden.
Anmeldung: |
mindestens 2 Wochen im Voraus |
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Sprachen: |
Deutsch, Französisch, Italienisch und Englisch. |
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Die Nutzung der Wasserkraft in den Alpen ist eine Erfolgsgeschichte der Schweizer Ingenieurskunst und der erneuerbaren Energie. Die Errichtung von Staudämmen und Wasserkraftwerke ist aber auch eine Geschichte von Vertreibung, Enteignung und Widerstand. In einer neuen Videoinstallation erzählen zehn Zeitzeuginnen und Zeitzeugen von persönlichen Erfahrungen.
Das Ausstellungsformat «Erfahrungen Schweiz» widmet sich in seiner neuesten Ausgabe einem Thema, das tief in die Geschichte und Gegenwart der Schweiz eingeschrieben ist: der Wasserkraft in den Alpen. Die Videoinstallation bringt zehn Zeitzeuginnen und Zeitzeugen zusammen, die aus ganz unterschiedlichen Perspektiven von ihrem Leben mit der Wasserkraft erzählen. Sie werfen Schlaglichter auf persönliche Verluste, politische Kämpfe, technische Meisterleistungen und ökologische Fragen – und beleuchten damit ein vielschichtiges Kapitel der Schweizer Energiegeschichte.
Fast 60 Prozent des Schweizer Stroms stammt aus Wasserkraft. Die Staumauern und ihre Kraftwerke, die grösstenteils nach dem Zweiten Weltkrieg gebaut wurden, sind nicht nur Jahrhundertprojekte, sondern auch der Motor des Wirtschaftswunders. In der Videoinstallation zeigen die Perspektiven von Amédée Kronig und Eric Wuilloud das Potential der Wasserkraft. Amédée Kronig war von 2011 bis 2023 Direktor der Grande Dixence SA. Die von 1951 bis 1961 erbaute Staumauer ist mit ihren 285 Metern Höhe bis heute die höchste Gewichtsstaumauer der Welt. Eric Wuilloud leitete das Projekt des Pumpspeicherkraftwerks «Nant de Drance», das als eines der leistungsstärksten Europas gilt. Wuilloud plädiert für einen verantwortungsvollen Umgang mit Ressourcen: Dank Pumpspeicherwerken kann überschüssiger Strom in die zuverlässige Versorgung durch erneuerbare Energien im Winter investiert werden.
Widerstand gegen Wasserkraftprojekte gibt es seit Beginn. Zunächst richtet sich dieser vor allem gegen den Verlust der Heimat, ab den 1940er Jahren zunehmend gegen die Auswirkungen auf die Umwelt. Gegen die Errichtung neuer Anlagen wurden politische Initiativen ergriffen, die jedoch meist keine Mehrheit fanden. Die in den 1970er Jahren entstandene schweizweite Umweltbewegung setzte sich auch für den Alpenschutz ein. Ein wichtiger Erfolg erzielte sie in den 1980er Jahren, als ein geplanter Stausee die Greina-Ebene bedrohte. Zu den Organisatoren des Widerstands gehörte unter anderen der Geschäftsführer der «Greina-Stiftung», Gallus Cadonau. Er setzte sich mit neuen Lösungen für die Erhaltung der Landschaft ein, so zum Beispiel mit dem sogenannten «Landschaftsrappen» – eine Entschädigung an die Berggemeinden für den Verzicht auf Wasserkraftprojekte. Diese ermöglichte es ihnen, auf den Verkauf einer Konzession als einziger Weg aus der Verarmung zu verzichten.
Auch die Bauarbeiten und ihre Gefahren prägten die Berggemeinden. So zum Beispiel – auf dramatische Weise – das Walliser Dorf Saas-Almagell. In der Videoinstallation berichtet Vreni Zengaffinen von der Katastrophe an der nah gelegenen Baustelle für den Mattmark-Stausee: Am 30. August 1965 starben 88 Menschen, als ein Teil des Allalingletschers abbrach und die Baracken der Arbeiter verschüttete. Unter den Opfern waren Zengaffinens Vater und Onkel. Ein weiterer Zeitzeuge der Mattmark-Katastrophe ist der Italiener Armando Lovatel. Als damals 16-Jähriger arbeitete er als Saisonnier auf derselben Baustelle, um seine Familie in der Heimat zu unterstützen. Auch er erlebte das Unglück aus nächster Nähe.
Die Videoinstallation macht, zusammen mit einer interaktiven Vertiefungsstation, die Komplexität des Themas sichtbar. Sie spannt den Bogen in die Gegenwart und zeigt: Wasserkraft ist nicht nur ein technisches oder ökologisches Thema, sondern auch ein soziales und kulturelles. Sie betrifft Menschen, Dörfer, Landschaften – in Vergangenheit und Gegenwart. Ob als Hoffnungsträger für eine nachhaltige Energiezukunft oder als Mahnmal für die Risiken von Eingriffen in die Natur: Die Stimmen der Zeitzeuginnen und Zeitzeugen laden dazu ein, zuzuhören, nachzudenken und zu diskutieren.
Die Videoinstallation ist vom 4. Juli bis 2. November 2025 und vom 13. Januar bis 26. April 2026 im Landesmuseum Zürich zu sehen.
Gesamtleitung Denise Tonella
Projektleitung und Kuratorin Marina Amstad
Idee und Konzept Erika Hebeisen, Elisabeth Joris
Szenografie Alex Harb
Interviews Marina Amstad, Michelangelo de Dona, Maurizio Drei, Erika Hebeisen, Elisabeth Joris, Sebastian de Pretto
Projektion Maurizio Drei, Michele Innocente
Voiceover Tweaklab AG: Lambert Bastar (FR), Lotti Happle (DE), Andrea Samborsky (EN), Christina Zamboni (IT)
Wissenschaftliche Beratung Elisabeth Joris, Sebastian de Pretto
Steuernder Ausschuss Roman Aebersold, Günhan Akarçay, Heidi Amrein, Beat Högger, Sabrina Médioni, Denise Tonella
Projektcontrolling Sabrina Médioni
Technische Leitung Mike Zaugg
Ausstellungsaufbau Ira Allemann, Sophie Lühr, Marc Hägeli, Dave Schwitter, Philippe Leuthardt
IT | Web | Medienstationen Thomas Bucher, Danilo Rüttimann, Alex Baur, Thomas Bucher, Ueli Heiniger, Immensive SA
Marketing und Kommunikation Andrej Abplanalp, Anna-Britta Maag, Sebastiano Mereu, Carole Neuenschwander, Alexander Rechsteiner
Werbegrafik Resort GmbH für Visuelle Kommunikation
Übersetzungen Barbara Meglen, Laurence Neuffer, Interserv AG, Language Factory
Wir danken den Zeitzeuginnen und Zeitzeugen für ihr wertvolles Mitwirken: Ursula Bianchi, Thomas Burgener, Gallus Cadonau, Marcel Dora, Stefan Engler, Amédée Kronig, Armando Lovatel, Salome Steiner, Eric Wuilloud, Vreni Zengaffinen